Donnerstag, 3. Oktober 2019

Eindrucksvoller moderner Klassiker neu entdeckt

Die kleine Stadt Sutton im Nirgendwo der Südstaaten. An einem Nachmittag im Juni 1957 streut der schwarze Farmer Tucker Caliban Salz auf seine Felder, tötet sein Vieh, brennt sein Haus nieder und macht sich auf den Weg in Richtung Norden. Ihm folgt die gesamte schwarze Bevölkerung des Ortes. William Melvin Kelleys wiederentdecktes Meisterwerk "Ein anderer Takt" ist eines der scharfsinnigsten Zeugnisse des bis heute andauernden Kampfs der Afroamerikaner für Gleichheit und Gerechtigkeit. Fassungslos verfolgen die weißen Bewohner den Exodus. Was bringt Caliban dazu, Sutton von einem Tag auf den anderen zu verlassen? Wer wird jetzt die Felder bestellen? Wie sollen die Weißen reagieren? Aus ihrer Perspektive beschreibt Kelley die Auswirkungen des kollektiven Auszugs. Liberale Stimmen treffen auf rassistische Traditionalisten. Es scheint eine Frage der Zeit, bis sich das toxische Gemisch aus Wut, Verzweiflung und Hilflosigkeit entlädt. Mal mit beißendem Sarkasmus, mal mit überraschendem Mitgefühl erzählt hier ein schwarzer Autor vom weißen Amerika. Ein Roman von beunruhigender Aktualität.



Das 1962 in New York erschienene Romandebüt des afroamerikanischen Autors W.M. Kelley (1937-2017) "A different Drummer" war in den USA auf Anhieb ein literarischer Erfolg. Doch die danach publizierten Romane und Erzählungen Kelleys blieben weitgehend resonanzlos, und der Autor geriet schon zu Lebzeiten in Vergessenheit. Die von der amerikanischen Presse als "literarische Sensation" gefeierte Neuausgabe von 2018 liegt jetzt auch in deutscher Übersetzung vor. Der Autor verzichtet in diesem packend zu lesenden Plädoyer gegen den Rassismus auf jede Schwarz-Weiß-Zeichnung und überzeugt mit den einfühlsam erzählten Lebensgeschichten der Weißen ebenso wie mit den Porträts der unterdrückten Schwarzen. Der eindrucksvolle Roman verdient eine breite Empfehlung. (Quelle: ekz)

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